KV-Politik in Finnland – Viele Parallelen zu Österreich I

Die gewerkschaftliche Struktur in Finnland ist anders aufgebaut als in Österreich. Die einzelnen lokalen oder betrieblichen Gewerkschaften reihen sich in die jeweiligen Branchengewerkschaften ein. Diese wiederum gehören einem der drei Dachverbände an, die sich nach Berufsgruppen unterscheiden (Arbeiter:innen, Angestellte und Akademiker:innen). Sind Gewerkschaften aller drei Dachverbände in einem Betrieb vertreten, können drei verschiedene Kollektivverträge (KVs) zur Anwendung kommen.

Die KV-Abdeckungsrate ist im europäischen Vergleich durchaus hoch mit 85-90%. Die Voraussetzungen für die allgemeine Gültigkeit von KVs sind ähnlich wie bei uns. Eine mit dem österreichischen Bundeseinigungsamt vergleichbare Behörde erklärt einen KV unter gewissen Voraussetzungen für allgemein gültig. Dies bedeutet, dass auch AGs, die kein Mitglied in ihrer freiwilligen Interessenvertretung sind, diesen KV anwenden müssen. Die Voraussetzungen dafür sind, dass 50% der AGs der freiwilligen AG-Vereinigung angehören (wichtigste Kennziffer). Die Gewerkschaften sollen ungefähr 50% Mitglieder in dem betreffenden Sektor vorweisen können. Was in den meisten Bereichen auch gelingt.

Herausforderungen in der finnischen KV-Politik gibt es – ähnlich wie bei uns – viele. Die AGs versuchen seit Jahren die allgemeine Gültigkeit von KVs zurückzudrängen. Im Forstbereich ist es den AGs beispielsweise gelungen, den nationalen KV gänzlich aufzuheben und die Gewerkschaften dazu zu zwingen, mehr als 120 einzelne Firmen-KVs aus zu verhandeln. Auch die lohnpolitischen Elemente der KVs versuchen die AGs mehr und mehr auf die betriebliche Ebene oder sogar auf das individuelle Level herunter zu brechen.

Die finnischen Gewerkschaften kämpfen jedoch weiterhin für qualitativ hochwertige und allgemein gültige KVs, die den Beschäftigten faire Löhne und gute Arbeitsbedingungen ermöglichen sollen.