
Zwei Wochen war ich in Luxemburg. Zwei Wochen voller Eindrücke, Gespräche, Erkenntnisse und Aha-Momente. Mein Praktikum bei der Chambre des Salariés – CLS, also der Luxemburger Arbeitnehmerkammer, war nicht nur spannend, sondern auch bereichernd – auf vielen Ebenen.
Gleich zu Beginn wurde ich herzlich empfangen und mit einem detaillierten Plan ausgestattet, den mir die Kollegin Marina Netti zusammengestellt hatte – vielen Dank nochmal an dieser Stelle für die großartige Organisation!
Bildung, Bildung, Bildung
Was mir sehr schnell klar wurde: In der Luxemburger Arbeitnehmerkammer wird Bildung großgeschrieben. Neben dem CEFOS, wo ich meine ersten Tage verbracht habe (siehe meinen ersten Beitrag), gibt es auch die LLLC – Luxembourg Lifelong Learning Centre, ein modernes Schulungszentrum mit beeindruckenden Räumlichkeiten und engagierten Teams. Die Bildungsabteilung arbeitet eng mit dem Bildungsministerium sowie anderen Kammern zusammen und bietet ein vielfältiges Angebot – von Grundlagenschulungen bis hin zu Bachelor- und Masterabschlüssen in Kooperation mit französischen Universitäten.
Besonders spannend fand ich die Diskussion darüber, wie man die Berufsausbildung in Luxemburg stärken könnte. Denn während in Österreich die Lehre einen hohen Stellenwert hat, entscheiden sich in Luxemburg viele junge Menschen lieber fürs Studium – ein Ungleichgewicht, dem die Arbeitnehmerkammer aktiv entgegenwirken möchte.
Mitten in der politischen Arbeit
Ich durfte bei mehreren Kommissionssitzungen dabei sein – Gremien, in denen Experten der Kammer Stellungnahmen zu Gesetzesentwürfen erarbeiten und diese gemeinsam mit Präsidium, Direktion und Vertreter:innen des Arbeitnehmerkammer-Parlaments diskutieren. Diese Treffen waren effizient, konstruktiv und – auf Luxemburgisch. Eine Herausforderung für mich, da ich nur Deutsch und Englisch spreche, aber mit ein bisschen Zuhören und Mitdenken klappte es erstaunlich gut.
Besonders beeindruckt hat mich die Offenheit der Präsidentin Nora Back – eine Frau, die nicht nur an der Spitze der Arbeitnehmerkammer steht, sondern auch Präsidentin des OGBL, der größten Gewerkschaft Luxemburgs ist. Ich durfte sie nicht nur bei der Kommission erleben, sondern auch beim Conseil économique et social, dem Wirtschafts- und Sozialrat, begleiten. Dort ging es um politische Einschnitte, die aktuell für viel Unruhe sorgen – unter anderem bei Kollektivvertragsverhandlungen oder geplanten Kürzungen im Pensions- und Arbeitslosenbereich.
Ein kurzer Weg zur Politik – im wahrsten Sinne des Wortes. In einem kleinen Land wie Luxemburg kennt man sich. Man hat praktisch die Nummer des Ministers im Handy. Ob das nur gut ist, sei dahingestellt – aber es macht die Arbeit schnell, direkt und oft wirksam.
Einblicke in den OGBL
Gemeinsam mit Jean-Luc De Matteis, ebenfalls im Vorstand des OGBL, konnte ich den gewerkschaftlichen Alltag hautnah miterleben – vom Empfang bis zur Rechtsberatung, vom Marketing bis zu den Kollektivvertragsverhandler:innen. Ich traf engagierte Menschen mit verschiedensten Werdegängen: Von der Kollegin, die einst an der Rezeption begann und heute die Mitgliederbetreuung leitet, bis zur Juristin mit Anwaltsprüfung, die sich bewusst für die Arbeit in der sozialen Interessenvertretung entschieden hat.
Es war inspirierend zu sehen, wie divers, durchlässig und menschlich die Strukturen sind – egal ob man aus Luxemburg stammt, aus Frankreich pendelt oder ursprünglich aus Italien kommt, wie zum Beispiel Marcello, ein aktiver Betriebsrat bei einer großen Bank mit Verbindungen bis in die Politik.
Was mich bewegt hat
Neben all den fachlichen Eindrücken war es auch ein tiefes menschliches Erlebnis. Ich habe gesehen, wie sehr Teamgeist, flache Hierarchien und soziale Verantwortung im Alltag gelebt werden. Vom Reinigungsdienst bis zur Direktion: Die Menschen in der Arbeitnehmerkammer sind angestellt, nicht ausgelagert. Es wird auf Augenhöhe gearbeitet, und es wird Wert daraufgelegt, dass niemand übersehen wird.
YOU’LL NEVER WORK ALONE.
