Geschäftsmodell „Pflegende Angehörige“

In der Schweiz können pflegende Angehörige bei Spitex-Betrieben angestellt werden, um die Pflege von Angehörigen in der eigenen Wohnung zu übernehmen.

Pflegende Angehörige sind eine unverzichtbare Säule in der Schweizer Gesundheitsversorgung. Das freiwillige Engagement der rund 600.000 pflegenden Angehörigen entlastet das Budget der öffentlichen Hand um rund 3,7 Milliarden CHF jährlich.

Nach einem Bundesgerichtsentscheid von 2019 können Familienmitglieder und nahestehende Personen für gewisse Pflegearbeiten teilweise bezahlt werden. Geld gibt es für die sogenannte Grundpflege – Hilfe beim Duschen, Baden und Waschen, beim An- und Ausziehen von Kompressionsstrümpfen, beim Essen und Trinken, beim Toilettengang, beim Aufstehen, Hinlegen und Gehen sowie beim Zähneputzen. Bezahlt werden diese Arbeiten allerdings nur, wenn die Angehörigen bei einem Spitex-Betrieb oder ähnlichen Firma angestellt sind.

Die Spitex-Betriebe entscheiden autonom, ob sie pflegende Angehörige für die Pflege einer angehörigen Person anstellen möchten. Es gibt keine Verpflichtung dazu.

Werden pflegende Angehörige von der Spitex angestellt, müssen diese die Pflegeleistungen in der von der Spitex geforderten Qualität erfüllen. Eine diplomierte Pflegefachperson ist Ansprechperson der pflegenden Angehörigen und trägt die Fallverantwortung. Die Anforderungen bezüglich der Bedarfsermittlung gelten
auch bei der Leistungserbringung durch pflegende Angehörige. Diese führen Leistungen
gemäss der Pflegeplanung aus. Nur solche Leistungen werden entschädigt.

Bezüglich der Ausbildung ist ein Kurs in Pflegehilfe (diese Ausbildung umfasst in der Schweiz 120 Stunden) eine Mindestvorgabe. Allerdings kann dieser Kurs bzw. diese Ausbildung innerhalb des ersten Jahres ab Abstellung absolviert werden (d.h. der Abschluss muss nicht schon ab Anstellung vorliegen).

Bei der Anstellung von pflegenden Angehörigen ist ein Arbeitsvertrag abzuschliessen. Die
Vorgaben des Arbeitsgesetzes sind bei der Anstellung einzuhalten. Dazu gehört auch
die Gewährung von Fort- und Weiterbildung, eine Mitarbeitenden-Beurteilung, ein Arbeits-
zeugnis sowie die Regelung von Arbeits- und Ruhezeit.

60 Millionen Umsatz

Die Familienmitglieder erhalten für ihre Care-Arbeit einen Stundenlohn zwischen 30 und 35 Franken. Die Krankenkassen vergüten den Spitex-Organisationen und Firmen, bei denen die Angehörigen angestellt sind aber deutlich mehr: 52.60 Franken pro Stunde für die Grundpflege. Oft kommt noch eine Aufstockung von den Gemeinden dazu.

An die pflegenden Angehörigen gehen also nur 30 bis 50 Prozent, der Rest bleibt bei den Firmen. So ist es kein Wunder, dass Firmen, die sich auf die Anstellung von pflegenden Angehörigen fokussiert haben in den letzten Jahren wie Pilze aus dem Boden geschossen sind. Es ist nämlich ein ertragreiches Geschäft. Laut dem Krankenkassenverband Santésuisse haben die zwölf grössten Firmen im letzten Jahr 60 Millionen Franken Umsatz gemacht.