Ein Arbeits- und Sozialgericht ist in vielen Ländern keine Selbstverständlichkeit – und das bringt erhebliche Nachteile mit sich.

Auch in Montenegro gibt es eine Vielzahl von Gesetzen, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer schützen. Doch das Fehlen spezialisierter Gerichte erschwert die Arbeit von Gewerkschaften erheblich. Die Herausforderungen sind vielfältig:

  • Lange Verfahrensdauern und Wartezeiten: Arbeitsrechtliche Streitigkeiten ziehen sich häufig über Jahre hin, was die Durchsetzung von Rechten stark behindert.
  • Begrenzte Möglichkeiten und kaum Zeit: Die besondere Komplexität des Arbeitsrechts sowie das bestehende Arbeitspensum in der Justiz stellen eine erhebliche Herausforderung dar. Unter diesen Rahmenbedingungen ist es nicht immer möglich, jedem arbeitsrechtlichen Fall die wünschenswerte fachliche Tiefe und zeitliche Zuwendung zukommen zu lassen. Dies kann die Qualität der Entscheidungsfindung beeinflussen.
  • Kaum ein Kündigungsschutz: Mitarbeiter:innen, die sich gewerkschaftlich engagieren – ähnlich wie Betriebsräte –, sind nur unzureichend geschützt. Ein besonderer Kündigungsschutz fehlt. Oft achten Arbeitgeber:innen sehr genau auf Fehler, um eine Kündigung begründen zu können. Das macht gewerkschaftliche Arbeit schwieriger und schreckt viele ab.

Die Union der freien Gewerkschaften Montenegros (USSCG) betont seit 2016 die Notwendigkeit der Einrichtung von Arbeitsgerichten bzw. spezialisierten Abteilungen für Arbeitsstreitigkeiten bei den erstinstanzlichen Gerichten. Ihre Initiative stellte die USSCG dem Sozialrat auf dessen 12. Sitzung vor, wobei sie einstimmige Unterstützung aller Mitglieder des Rates erhielt, leider scheiterte es auf der Politische ebene.

Die USSCG ist überzeugt, dass die Umsetzung dieser Initiative weitreichend positive Auswirkungen hätte:

für den Staat, insbesondere wenn er selbst in der Rolle des Arbeitgebers auftritt, da dadurch die Gerichtskosten gesenkt und der sozioökonomische Status der Beschäftigten besser geschützt werden könnte,

für das Gerichtswesen, also für Richter und Gerichtspersonal, durch eine spürbare Entlastung und – was besonders wichtig ist – die konsequente Umsetzung der Grundprinzipien von Effizienz und Wirtschaftlichkeit im Verfahren,

für Arbeitnehmer:innen, die gezwungen sind, ihre Rechte aus dem Arbeitsverhältnis gerichtlich durchzusetzen, durch ein Verfahren in angemessener Frist, mit höherer Effizienz und geringeren Kosten,

für Arbeitgeber:innen, da die Verfahren schneller, effizienter und kostengünstiger abgewickelt werden könnten.

Aktuell dreht sich in der montenegrinischen Justiz alles um weitere Reformen im Hinblick auf den EU-Beitritt. Die EU verlangt die Erfüllung von insgesamt 33 Kapiteln, wobei Kapitel 23 die Reform des Justizwesens beinhaltet.

Kapitel 23 – Justiz und Grundrechte
Es geht darum, die Gerichte noch unabhängiger von der Politik zu machen, Verfahren zu beschleunigen, Korruption zu bekämpfen und das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Justiz zu stärken.

Die Zwischenziele von Kapitel 23 wurden zwar erreicht (positiver IBAR), was zeigt, dass die Justiz in Montenegro auf dem richtigen Weg ist. Dennoch bleibt noch ein weiter Weg.

Für die Menschen in Montenegro ist ein eigenes Arbeits- und Sozialgericht – wie es in Österreich oder anderen EU-Ländern üblich ist – von entscheidender Bedeutung. Nur so können die Rechte der Beschäftigten wirksam geschützt und durchgesetzt werden.